Stiftschor in Coronazeiten
Verliess man im vergangenen Jahr spät das Schulhaus,begleitete einen, gerade vor den Hochfesten, der Gesang des Stiftschors, an dessen Proberaum man vorbei kam. Auch die wunderbaren Impressionen nach den Gottesdiensten waren rar geworden. Dabei sollte 2020, das Jubiläumsjahr des Klosters und der Stiftsschule, doch voller Auftritte des Stiftschores sein. Wie geht es Stiftskapellmeisterin Ruth Mory-Wigger und ihren Sängerinnen und Sängern?
Es ist ja inzwischen recht ruhig geworden in und um den Stiftschor. So vieles ist abgesagt oder findet nur in reduzierter Form statt. Und das nun schon seit Ostern...
Ja, es ist ein unglaubliches Szenario und noch vor einem Jahr schlicht unvorstellbar. Nicht nur, dass gemeinsames Singen als gefährlich eingestuft wird, dass auch die zwischenmenschliche Seite vermieden werden soll, war - und ist aktuell wieder - für verschiedene der Sängerinnen und Sänger einschneidend. Obschon, es gibt auch die andere Sichtweise, dass diese Totalabsage auch Ruhe und sogenannte Entschleunigung mit sich bringe.
Nach den Sommerferien konnten wir mit einem vereinfachten Programm im Gottesdienst am Bruder-Klausen-Tag singen. Mit ungewohnt grossen Abständen und gut verteilt auf der Orgelempore, teilweise mit Maske, sangen wir Musik vom Alt-Engelberger Carl Rütti, der uns auch persönlich und fantastisch auf der Orgel begleitete. Eine sehr schöne Erfahrung für uns alle!
Seit Ende Oktober, just vor Allerheiligen, ist das Chorsingen wiederum ganz abgesagt.
Was macht das mit dem Chor? Mit der Gemeinschaft der Sängerinnen, Sänger und Musiker?
Ich hoffe ganz fest, dass die Bande stark und die Freude und Lust am Singen gross genug sind, dass wir uns sobald als möglich wieder zum Proben treffen können. Eine grosse Freude für mich ist, dass in der Stiftsschule mehrere Singtalente auszumachen sind.
Wie ist es für Dich als Stiftskapellmeisterin, aber auch für Chor und Musiker keine (grossen) Auftritte zu haben? Kein Oratorium. Keine Rorate. Kein Weihnachtskonzert.
Für den Chor und somit die Singenden ist es – wie für alle Sängerinnen und Sänger – einfach eine unumstössliche Realität, die verständlicherweise mit einem gewissen Bedauern einher geht.
Mir selber ist aber bewusst geworden, wie kostbar und sinnvoll Singen als Methode oder gar als pädagogisches Prinzip ist. Dabei werden verschiedenste Fähigkeiten und Kompetenzen trainiert, die auch in gesanglosen Lebensabschnitten hilfreich oder von Vorteil sind. Hier nur eine kleine Auswahl davon:
- Den richtigen Ton treffen
- Auf andere hören und in sich hinein hören
- In einen guten Rhythmus finden und das richtige Tempo erkennen
- Fortschritte beobachten
- Freude empfinden und auch ausstrahlen können
- Der Schönheit verpflichtet, wobei auch ein falscher Ton schön sein kann!
Gerne hätte ich hier einen herzlichen Appell zum Singen im Familienkreis lanciert. Nach den Empfehlungen des obersten Kantonsarztes getraue ich mich nur noch dies am Rande zu erwähnen. Gerne würde ich auch zum Mitfeiern der Weihnachtsgottesdienste animieren. Diese Einladung bedingt allerdings die Benützung des Ticketings oder eine telefonische Anmeldung (siehe www.kloster-engelberg.ch). Sie können aber auch via Livestream oder hier in Engelberg über tep.tv aus gebotener Distanz dabei sein.
Persönlich bin ich froh und dankbar für die vielen vitalen und interessierten Jugendlichen dieser Stiftsschule und, dass das Fach Musik sehr viele Facetten beinhaltet. Auch dass es doch unterschiedliche Möglichkeiten der Gottesdienstgestaltung gibt, die ich hier auch ohne Chor einbringen darf. Und es muss ja nicht jedes Jahr ein Oratorium sein ...
Vielen Dank für diesen Einblick und hoffentlich hören wir im kommenden Jahr wieder viel mehr vom Stiftschor!