900 Jahre Kloster Engelberg - Was haben wir eigentlich zu feiern?
Eigentlich nichts von Bedeutung. Als ich vor 10 Jahren als Pfarrer dem Consilium, dem engsten Beratergremium des Abtes, den Vorschlag machte, in Hinblick auf das Jubiläum im Jahr 2020 jedes Jahr eine Gestalt aus der Klostergeschichte den Engelbergern näher zu bringen, war der Tenor: Das braucht es nicht, das ist zu früh. Selbst auf 5 Jahre gekürzt: kein Echo. Also wollte die Gemeinschaft nicht feiern oder so etwas braucht es nicht.
Auch heute noch gibt es im Kloster Streit. Eine Geschichte von Hoch und Tiefs. Kommunikationsprobleme, es geht sehr menschlich zu, auch bei den frommen Mönchen: Also gibt es nichts zu feiern.
Doch zwei Menschen, Konrad von Sellenbüren, der Stifter des Klosters und Adelhelm, der 1. Abt von Engelberg: Sie haben hier in diesem ungastlichen Tal ein Kloster gegründet. Sicher auch mit der Frage im Hinterkopf: "Kommt es gut raus?"
Was waren das für zwei Vögel? Und würden sie auch sagen, dass es nichts zu feiern gibt?
Im Barocksaal des Klosters gibt es eine Darstellung der Gründungslegende. Der Stifter, Konrad, ist zu sehen. Und auch der Abt. Wie sie durch das unwirtliche Tal der Engelberger Aa bis nach Engelberg ziehen. Die Engel über dem Hahnen, die dem Kloster seinen Namen gaben. Alle schauen auf diese Engel. Nur einer nicht: Er hebt den Hut und schaut in den Baum. Dort sitzt ein Papagei. Also schon bei der Namensgebung war ein Papagei präsent, ein bunter Vogel.
Davon erzählt auch das Chorgestühl. Auf der Abtseite sind nur Vögel ins Chorgestühl eingeschnitzt, auf der Priorseite nur Engel. Aber das haben die Mitbrüder wohl auch noch nicht bemerkt: auf der Abtseite sind die schrägen Vögel, auf der Priorseite die Engel.
Also feiern wir 900 Jahre bunte, schräge Vögel und Engel im Kloster. Zahlreiche Mönche haben das Kloster mitgestaltet und entscheidend geprägt.
Davon berichtet auch der grosse Stammbaum von Engelberg. Klostermauern sind keine Grenzen oder Abschottung. Das Wirken der Engelberger Mönche reicht von der Zentralschweiz, über die Schweiz bis nach Übersee, in die USA, nach Kamerun, nach Mexiko.
Zentrum war und ist Christus. Er hat diese "Vögel", diese Mönche, zusammengehalten, trotz der Verschiedenheiten. Dazu natürlich die Regel Benedikts. Die Regel, die ein Mann im 5. Jahrhundert formulierte und die noch heute Bestand hat. Ein Mann, der erst den Konventionen folgte, in Rom Rechtswissenschaften studierte und dann doch alles hinschmiss. Weil er einen tieferen Lebensinn suchte. Er zog in die Einsamkeit einer kaum erreichbaren Höhle. Kehrte in seine Mönchsgemeinschaft zurück und verliess sie wieder. Gründete auf dem Monte Cassino sein eigenes Kloster und schrieb dort seine Regel auf, die noch heute die Grundlage der benediktinischen Lebensweisheit bildet.
In meinen Augen besonders diese vier Säulen: Discretio, das rechte Mass; UIOGD, Auf dass in allem Gott verherrlicht werde; Arbeitsgeräte sind Altargeräte; Einer schätze den anderen höher als sich selber.
Auch das Leitmotiv für das Jubiläumsjahr orientiert sich an der Regel des heiligen Benedikt, welche mit den Worten "Höre, mein Sohn" beginnt. Zuhören, aufeinander hören, hören, was wichtig ist und darauf eine Antwort geben, ist unabdingbar für das Miteinander. Dabei sind die Menschen ein Leben lang auf der Suche. Wer sucht, bleibt auf dem Weg, bleibt nie stehen und hat den Blick stets nach vorne gerichtet. Durch die Suche stellt man auch sich selbst immer wieder in Frage. Aus dem Hören und Suchen erwächst das Gestalten. Das Hier und Jetzt, aber auch die Gestaltung der Zukunft stehen im Zentrum des Jubiläums "900 Jahre Benediktinerkloster Engelberg". Das Jubiläum wird ein Jahr der Begegnungen.
So wurde Geschichte geschrieben von Engelberg. Spuren haben die Mönche hinterlassen bis heute, manchmal wurden Spuren auch weggespült. Und diese Gemeinschaft von Heute schreibt nun auch wieder an der Geschichte von 900 Jahren Engelberg. Wir haben also diese Menschen zu feiern: Du und ich, die diese Geschichte weiterschreiben.
Abt Christian Meyer OSB
Mehr Geschichten und Informationen rund um die Engelberger Benediktiner können Sie in unserer Jubiläumsbroschüre lesen. Diese kann in der Klosterverwaltung bei Heidi Villiger bezogen werden.