Abschied von Yvonne Zibung
Ist es wirklich möglich, dass unsere langjährige gute Zusammenarbeit Ende Monat abrupt endet? Irgendwie kann ich es mir einfach noch nicht ganz vorstellen, ohne die Unterstützung von Yvonne Zibung auszukommen.
Vor sage und schreibe 26 Jahren (1996) hatte sie ihre Arbeit als erste Mädchenpräfektin im Internat der Stiftsschule Engelberg aufgenommen. Es war das Jahr, in dem wir das Internat offiziell auch für Mädchen geöffnet hatten. Die Mädchenabteilung war im dritten Stock des damaligen Lyzeums untergebracht; heute befinden sich dort die IOS-Unterrichtsräume der Gemeindeschule.
Am Anfang waren es elf Mädchen, die Yvonne Zibung betreute. Es sprach sich offenbar herum, dass das Mädcheninternat kompetent und mit viel Empathie geführt wurde, denn es kamen Jahr für Jahr mehr interne Schülerinnen dazu. Als die Abteilung mit 24 Schülerinnen im Jahr 2003 bis unters Dach besetzt war, beschloss der damalige Rektor Pater Robert Bürcher, dem Abt einen Umbau im Westteil des Kollegiums zu unterbreiten; das Kapitel genehmigte den Vorschlag, sodass für das Mädcheninternat nun praktisch die Hälfte des Kollegiums zur Verfügung stand. Inzwischen ist das gesamte Internatsgebäude in den Jahren 2013–2018 vollständig renoviert worden.
Ein Jahr nach ihrem Start in Engelberg nahm Yvonne Zibung auch ihre Arbeit im Pfarreiteam auf, je zur Hälfte im Internat und in der Pfarrei. Ihr Auftrag in der Pfarrei lautete: Religionsunterricht in der Primarschule und Oberstufe, Mitarbeit beim Erstellen des Pfarrblatts und Gottesdienstgestaltung samt Predigtdienst.
Als Präfektin übernahm Yvonne Zibung nebst der Führung des Mädcheninternats auch Zeiten der Aufsicht im Studiensaal. Am Anfang hatte sie es nicht immer leicht, vor allem mit den Knaben, die es nicht gewohnt waren, sich von einer Frau etwas sagen zu lassen; manchmal nutzten sie die anfängliche Unerfahrenheit der neuen Aufsichtsperson gerne aus, um sich auf irgendeine Weise vom Studium zu verabschieden.
Auch für uns Präfektenkollegen brachten die Frauen etwas Unruhe in die gewohnten Abläufe. Einmal zum Beispiel fand jemand von der Reinigungsequipe ein Pfännchen mit geschmolzenem Wachs auf einem Mädchenzimmer. Das war natürlich höchst verdächtig, weil bei uns ein absolutes Verbot für offene Feuer oder Herdplatten galt. Wir wussten nicht, was es damit auf sich hatte – zum Kerzenziehen war es wohl nicht gedacht. Yvonne Zibung klärte uns dann auf: Das Wachs wurde zum Entfernen von Haaren an den Beinen benutzt.
In den 90er-Jahren kam es für uns Präfekten zu einer ganz neuen Herausforderung: zum Handy-Boom. Trotz Verbot hatten einige Interne schon ein Handy und versteckten es gut. Eines Tages zur Zeit der Nachtruhe hörte Yvonne Zibung aus einem Einzelzimmer lautes Reden. Es war ziemlich klar, dass hier ein Telefongespräch geführt wurde. Bei der Kontrolle jedoch war das Handy verschwunden und die Schülerin behauptete, sie habe laut gebetet. Gute Ausreden waren eben damals schon von Vorteil!
Im Jahr 2008 verabschiedete ich mich als Präfekt und Religionslehrer an der Stiftsschule, und 2011 beendete auch Yvonne Zibung ihren Dienst als Präfektin und erteilte nur noch wenige Lektionen Religionsunterricht am Gymnasium. Damit hatte sie mehr Kapazitäten im Pfarreiteam. Als ich 2011 das Pfarramt übernahm, arbeiteten wir wieder sehr eng zusammen – wie damals als Präfekten. Wir kannten einander schon sehr gut und wussten gegenseitig um unsere Stärken und Schwächen.
Mit der Pensionierung von Yvonne Zibung verliere ich eine gute, zuverlässige, allzeit dienstbereite und engagierte Mitarbeiterin, die Schülerinnen und Schüler eine kompetente Religionslehrerin und die Pfarrei eine gute Predigerin, die auch unzählige Gottesdienste für Pfarrei und Schule vorbereitet und oft auch gefeiert hat.
Der Verlust ist gross! Umso dankbarer bin ich, dass sich Yvonne Zibung bereit erklärt hat, bei Bedarf und nach Möglichkeit auch weiterhin Dienste für die Pfarrei zu übernehmen, auch um eine lückenlose Übergabe an ihre Nachfolgerin sicherzustellen.
Liebe Yvonne, ich werde Dich vermissen! Ich danke Dir im Namen des Klosters, der Pfarrei, des Pfarreiteams und ganz persönlich für die langjährige und ausgesprochen gute Zusammenarbeit! Ich wünsche Dir für den neuen Lebensabschnitt alles Gute, Gottes Segen und viel G’freuts!
P. Patrick Ledergerber OSB
Pfarrer