Bergwaldwoche
Neukonzeptionierung der Sonderwochen
Im Rahmen der Neukonzeptionierung der Sonderwochen wurde im 2. OG zum ersten Mal eine Woche im Bergwald durchgeführt. Die Tatsache, dass die moderne Gesellschaft immer mehr den Bezug zur Natur verliert und das Verständnis für den Umgang mit den natürlichen Ressourcen immer mehr abnimmt, hat die Stiftsschule Engelberg bewogen eine Sonderwoche im Wald zu organisieren. Mit der gemeinnützigen Stiftung Bergwaldprojekt haben wir einen idealen Partner gefunden, welcher sich für die Pflege und den Schutz des Bergwaldes einsetzt. Zielsetzung dieser Sonderwoche ist, dass die Schülerinnen und Schüler durch sinnvolle Waldarbeit für das sensible Ökosystem Bergwald und deren nachhaltige Nutzung sensibilisiert werden. Die Schülerinnen und Schüler lernen zudem ihre eignen Grenzen kennen, die individuellen Fähigkeiten bestmöglich einzusetzen und für ihr Handeln Verantwortung zu übernehmen. Neben den Umweltfaktoren sollen auch Teamfähigkeit und Wertschätzung untereinander gefördert werden.
Zwei Fliegen auf einen Streich - Was hat die Arbeit im Wald mit dem IB Diplom zu tun?
Bei der Neukonzeptionierung der Sonderwochen wurde darauf geachtet, dass die Inhalte der gymnasialen und der IB-Ausbildung möglichst gut aufeinander abgestimmt sind. Im Rahmen der IB-Ausbildung müssen die Schülerinnen und Schüler ausserhalb des Regelunterrichtes sogenannte CAS-Projekte durchführen. CAS steht als Abkürzung für Creativity, Activity und Service. Im Bereich Creativity sind alle Tätigkeiten zusammengefasst, welche mit Kunst und kreativem Denken zu tun haben. Der Bereich Activity deckt alle körperlichen Betätigungen ab, welche zu einem gesunden Lebensstil beitragen und den Schulunterricht ergänzen. Service steht für jegliche Art von ehrenamtlichen Aktivitäten in verschiedenen Tätigkeitsfeldern. Ziel des Programms ist, dass die Schülerinnen und Schüler ihre eigenen Tätigkeiten kritisch hinterfragen und sich ihrer eignen Stärken und Schwächen bewusst werden. Zudem soll das zielorientierte eigenverantwortliche Handeln gefördert werden, und die Schülerinnen und Schüler sollen sich bewusst werden, dass sie in einer Gemeinschaft eine grosse Verantwortung gegenüber sich selber, den Mitmenschen und der Umwelt haben.
Da die Zielsetzungen der Sonderwoche mit den Zielen der CAS-Projekte einhergehen, können die Schülerinnen und Schüler ihre Tätigkeiten während der Sonderwoche im Bereich "Service & Activity" anrechnen lassen und haben somit bereits ca. 45 Stunden der 150 Stunden geleistet. Dies ist insofern auch positiv, dass man der Gesamtbelastung durch den Doppelabschluss etwas Gegensteuer geben kann.
Lange Tage und Wintereinbruch im Mai
Zu Beginn der Woche wussten die Jugendlichen noch nicht so genau, welche Arbeiten sie im Wald ausführen werden, und was sie sonst noch erwarten wird. Schon bald wurde aber klar, dass die Arbeit im Wald körperlich sehr anstrengend werden wird. Der Arbeitstag begann morgens um halb acht und dauerte bis nachmittags um fünf Uhr. Alle Beteiligten verbrachten den ganzen Tag im Wald und der Natur. Die Zubereitung des Mittagessens war ebenfalls in der Verantwortung der Schülerinnen und Schüler. Auf diese Weise lernten die einen wie man ein richtiges Lagerfeuer entfacht und die anderen wie man das Mittagessen über dem offenen Feuer zubereitet.
Das Wetter war neben dem straffen Zeitplan ein weiterer Faktor an den sich die Schülerinnen und Schüler gewöhnen mussten. Zwei Tage vor Beginn der Sonderwoche gab es einen richtigen Wintereinbruch, bei welchem grosse Mengen Neuschnee bis nach Engelberg fielen. Dies erschwerte die Planung des Arbeitsalltags erheblich. Dank der hohen Flexibilität des Forstes Engelberg gab es aber an jedem Tag genügend Arbeit für die Schülerinnen und Schüler. Am Montag wurde deshalb ein Grossteil der Arbeiten ins schneefreie Tal nach Grafenort verlegt. Im Verlauf der Woche wurde es dann immer wärmer, so dass die Arbeiten in und um Engelberg fortgesetzt werden konnten.
Jeden Tag eine neue Herausforderung
Die Schülerinnen und Schüler waren während der Woche hauptsächlich mit Waldpflege, Schlagräumung, Instandhaltung von Forststrassen und Zaunbau beschäftigt. Die Arbeiten wurden jeweils im Rotationsverfahren ausgeführt. Das heisst, dass die Gruppen jeden Tag in einem anderen Gebiet tätig waren. Mit jedem Tag verbesserten die Jugendlichen den Umgang mit Schaufeln, Rechen, Handsägen, Vorschlaghammer und Laubbläser. Am Ende des Tages konnten die Schülerinnen und Schüler jeweils sehen, was sie geleistet haben. Im Schulunterricht hat man nicht immer eine eins zu eins Rückmeldung, bezüglich des Arbeitsfortschrittes. Bei den verrichteten Arbeiten im Wald sieht man aber am Ende des Tages, dass die Strasse sauber geputzt ist, die Äste nicht mehr lose, sondern schön auf verschiedenen Haufen liegen und ein Gebiet mit über 250 Zaunpfählen eingezäunt ist.
Exkursion zum besseren Verständnis der verschiedenen Funktionen des Waldes
Die ganze Woche war so organisiert, dass nicht nur der Arbeit im Wald, sondern auch dem Informationsaustausch Beachtung geschenkt wurde. Auf einer Exkursion, welche die Schülerinnen und Schüler zum Ristis ob Engelberg führte, bekamen sie viele interessante Informationen zur Entstehung und zum Nutzen des Bergwaldes rund um Engelberg. Der Förster Thomas Achermann informierte die Schülerinnen und Schüler aus erster Hand und konnte so die Wichtigkeit des Schutzwaldes für das Dorf Engelberg erläutern. Dabei wurde deutlich, dass ein Grossteil des Waldes erst vor etwas mehr als einhundert Jahren durch akribisch geplante Aufforstung entstanden ist. Der Wald wurde unter anderem wegen der Besiedlung des Tales und dem immer intensiver werdenden Tourismus angelegt.
Das Lernen in der Schule und der Blick in den Wald bekommen eine ganz neue Wertschätzung
Je länger die Woche dauerte, desto eingespielter waren die Arbeitsabläufe. Durch die körperliche Arbeit wurden die Schülerinnen und Schüler aber auch mit jedem weiteren Arbeitstag im Wald immer müder und müder. Einige Jugendliche sehnten sich je länger je mehr zurück in ihr warmes und trockenes Schulzimmer, wo sie vornehmlich sitzend den Arbeitsalltag bewältigen konnten. Trotz den körperlichen Strapazen waren alle Beteiligten mit dem Inhalt und der Organisation der Woche sehr zu frieden. Sie konnten tolle Erfahrungen in der Natur machen, welche ihnen hoffentlich noch lange in Erinnerung bleiben werden. Viele Schülerinnen und Schüler gehen in Zukunft mit ganz anderen Augen in den Wald und sind sich nun bewusst, wie viel Arbeit in einem gepflegten und gesunden Wald steckt.
Tobias Barmetter
Prorektor