Osterfeier in Kloster und Stiftsschule
Glaube und Tradition
Die höchsten christlichen Feiertage sind dem Gedächtnis des Leidens, des Sterbens und der Auferstehung Jesus Christi gewidmet. Wir begehen sie jeweils vom Hohen Donnerstag bis zum Ostersonntag. Diese Tage bilden eine Einheit und heben sich durch ihre Feierlichkeit und ihren besonderen Charakter von der Alltagsgewohnheit ab. Im Zentrum stehen die liturgischen Feiern, die in Engelberg von der Klostergemeinschaft und von der Pfarrei gemeinsam gefeiert werden.
Am Abend des Hohen Donnerstag (oder Gründonnerstag) gedenken wir des Letzten Abendmahls, das Jesus mit seinen Jüngerinnen und Jüngern in Jerusalem gefeiert und bei dem er die Eucharistie eingesetzt hat. Die Stille und das Gebet in der Nacht erinnern an Jesu Gebet im Garten Getsemani vor seiner Gefangennahme.
Der Karfreitag steht ganz im Zeichen des Kreuzweges und des Todes Christi am Kreuz. Der Tag beginnt mit der Feier der Trauermette am Morgen mit Psalmengebet und Lesungen aus den alttestamentlichen Propheten und findet seinen Höhepunkt in der Feier am frühen Nachmittag, in deren Zentrum nach der Lesung der Leidensgeschichte und den grossen Fürbitten die Verehrung des Kreuzes steht. Bei uns in Engelberg verwenden wir für die Kreuzverehrung heute noch das romanische Heilige Kreuz von Engelberg, das seit dem 12. Jahrhundert hier verehrt wird.
Der Karsamstag ist der Gedenktag der Grabesruhe Jesu. Liturgisch ist dieser Tag ein "Ruhetag"; es wird am Morgen lediglich die Trauermette gefeiert.
In der Nacht zum Sonntag feiern wir die Auferstehung Christi und sind damit im Zentrum der österlichen Dreitagefeier angekommen. Der Gottesdienst beginnt vor der Kirche beim Osterfeuer. Mit der brennenden Osterkerze zieht die Zeremonie in die dunkle Kirche ein: Lumen Christi – Deo gratias! (Christus das Licht – Dank sei Gott) rufen alle. Allmählich wird die Kirche durch das Licht der Kerzen erhellt. Es folgt auf das feierliche Exultet (Osterlob) die Verkündigung der Heilstaten Gottes, wie sie uns im Alten und im Neuen Testament überliefert sind. Es wird wieder das Halleluja gesungen, das während der ganzen Fastenzeit fehlte, und das Evangelium von der Auferstehung Christi wird vorgetragen. Mit der Weihe des Taufwassers und der Erinnerung an unsere Taufe durch die Taufgelübdeerneuerung erhält diese Feier einen weiteren Akzent, der in die Ursprünge christlichen Gottesdienstes zurückreicht. Denn die Osternacht ist das ursprüngliche Datum für die Taufe neuer Christinnen und Christen. Die Feier schliesst mit der Eucharistie, in der das ganze Ostergeheimnis zusammengefasst ist.
Am Vormittag des Ostertages wird in festlicher Weise die sonntägliche Eucharistie gefeiert. Damit wird uns bewusst, dass jeder Sonntag ein kleines Ostern ist. Und damit beginnt die fünfzig tägige Osterzeit, die mit dem Pfingstfest endet.
Besinnungstage
Die Schülerinnen und Schüler der 2. Obergymnasialklasse halten traditionsgemäss vom Hohen Donnerstag bis zum Ostersonntag unter Leitung von P. Andri Tuor die Besinnungstage. Ziel ist es, dass alle Schülerinnen und Schüler der Stiftsschule mindestens einmal während ihrer Schulzeit die drei österlichen Tage zusammen mit der Klostergemeinschaft und der Pfarrei Engelberg feiern.
Die Klasse wurde anhand der biblischen und theologischen Texte in das Heilsgeschehen und die Liturgie dieser Tage eingeführt, sie nahmen an allen Gottesdiensten teil und setzten sich mit deren Inhalt und Bedeutung auseinander. Die Beteiligung an diesen hochliturgischen Feiern ist für die Jugendlichen gewiss eine grosse Herausforderung. Sie werden mit vielen ungewohnten Ritualen, Symbolen und Texten konfrontiert, müssen teilweise sehr lange still sitzen oder stehen. Geduld ist hier gefragt, aber auch die Fähigkeit staunen und sich anrühren zu lassen. Wir sind überzeugt, dass solche Erfahrungen für die Jugendlichen wichtig sind und dass sie ihnen helfen im Prozess des Erwachsenwerdens und des Reifens. Die Entscheidung, welche Bedeutung sie diesen religiösen Erfahrungen in ihrem Leben beimessen und wieviel Raum sie ihnen geben wollen, liegt bei den Jugendlichen selber.
Auch das gemeinschaftliche Erleben hatte in diesen Tagen einen hohen Stellenwert. Dazu gehörten die gemeinsamen Mahlzeiten, die Freizeit und das Ostermahl mit dem obligaten Eiertütschen im Anschluss an die Osternachtfeier. Die gemeinsamen Tage fanden ihren Abschluss mit dem Apéro nach dem Gottesdienst am Ostersonntag, zu dem auch die Familien der Schülerinnen und Schüler eingeladen waren. Dann hiess es auch für die 2. OG: Ferien!
Chortage
Eine besonders intensive Zeit ist die österliche Dreitagefeier für die Sängerinnen und Sänger des Stiftschors. Die Vorbereitungen dafür begannen schon im Januar. In den wöchentlichen Proben galt es neben den Gesängen für die feierlichen Gottesdienste, die noch vor der Karwoche stattfanden, eine stattliche Zahl von anspruchsvoller Gesangsliteratur etwa von Haydn, Bach und Händel für die Ostergottesdienste einzustudieren. Zusätzlich wurde an Probetagen am Programm für die österlichen Gottesdienste gearbeitet.
Das gemeinsame Singen von langjährig erprobten Sängerinnen und Sängern und von jungen Stimmen aus der Schülerschaft macht die Besonderheit des Stiftschors aus. Für die Gottesdienste vom Hohen Donnerstag bis am Ostersonntag kann auf ein breites Repertoire zurückgegriffen, aber auch immer wieder Neues und bisweilen auch Ungewohntes eingeübt werden. Die Herausforderung für die Stiftskapellmeisterin Ruth Mory-Wigger besteht darin, eine gute Mischung von Tradition und Erneuerung in die musikalische und gesangliche Gestaltung der liturgischen Feiern einzubringen. Aufgabe des Chores ist es nicht nur schön zu singen und zu erfreuen, sondern die Feiergemeinde im Gesang zu unterstützen und das Erlebnis des Feierns zu vertiefen oder sogar etwas vom Geheimnisvollen der Liturgie erfahrbar zu machen. Das gleiche gilt für die jungen Musikerinnen und Musiker des Stiftsorchesters, die am Karfreitag, in der Osternacht und am Ostersonntag musiziert haben.
In den sechs Gottesdiensten und den vielen Proben dieser Tage wird den Beteiligten hohe Konzentration und viel Energie abverlangt. Aber das Erlebnis, diese Tage miteinander gestalten zu dürfen, ist auch unbeschreiblich. Es sind Intensiv- und Besinnungstage im besten Sinn des Wortes.
P. Guido Muff
Schulpastoral