Schulentwicklungsprojekt 2017/18: Schutzkonzept gegen sexuelle Ausbeutung
Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in ihrer Persönlichkeitsentwicklung umfassend zu fördern und sie bei der Entfaltung ihrer Begabungen bestmöglich zu unterstützen, ist das Ziel der Bildungs- und Erziehungsarbeit an der Stiftsschule Engelberg. Dies kann nur in der Atmosphäre der Wertschätzung und der Anerkennung, der Achtung und des Respekts geschehen. Wo Gewalt, insbesondere sexualisierte Gewalt das Wohl und die Sicherheit der Heranwachsenden gefährden oder verletzen, widerspricht dies diesem Ziel in radikaler Weise. Die systematische Erstellung und Fortentwicklung von Präventions- und Interventionskonzepten gehören deshalb zu den Qualitätsstandards der katholischen Internatsschulen.
Als Mitglied des Verbandes Katholischer Internate und Tagesinternate V.K.I.T. (www.vkit.de) haben wir uns verpflichtet, bis 2018 ein passgenaues Schutzkonzept für die Stiftsschule Engelberg zu entwickeln. Nach den fürchterlichen Missbrauchsfällen u. a. an katholischen Internatsschulen, die seit 2010 Öffentlich geworden sind, müssen gerade wir als christliche Bildungsinstitution in diesem Bereich höchst professionell handeln. Das ist nur möglich, wenn wir mit externen Fachleuten zusammenarbeiten. Dies tut die Stiftsschule Engelberg mit der Fachstelle Limita (www.limita-zh.ch).
Zusammenarbeit mit unabhängiger externer Fachstelle
Limita ist eine Fachstelle zur Prävention sexueller Ausbeutung, welche seit 1998 besteht. Träger ist der gleichnamige Verein, welcher politisch und konfessionell unabhängig ist. Die Fachstelle bietet verschiedene Dienstleistungen wie Informationen, Beratung, Bildung und Öffentlichkeitsarbeit an und richtet sich primär an das Umfeld von Minderjährigen und anderen Schutzbedürftigen, wie Eltern, Fachpersonen und Organisationen. In den letzten Jahren hat sich Limita vertieft mit der institutionellen Prävention sexueller Ausbeutung beschäftigt, ein Anwendungsmodell entwickelt und Anfang 2011 ein Handbuch[i] dazu veröffentlicht. Die Fachstelle Limita ist von Stadt und Kanton Zürich anerkannt und teilsubventioniert. Sie ist die einzige Fachstelle dieser Art in der deutschsprachigen Schweiz.
Nach der Sichtung und Beurteilung der vorhandenen Dokumente der Stiftsschule Engelberg formulierte Limita Empfehlungen zur Entwicklung von Schutzkonzepten zur Prävention und Intervention bei sexueller Ausbeutung.
Projektstart und Konzeption mit allen Fachpersonen
Konzepte sind nur so gut, wie die Menschen, die diese Konzepte umzusetzen haben. Das beste Präventionskonzept gegen sexuelle Ausbeutung nützt nichts, wenn das Personal nicht auf Täterstrategien sensibilisiert und nicht über Grundlagen zu sexueller Ausbeutung informiert ist. Neben der Strukturqualität (Erarbeitung und Entwicklung von Präventions- und Interventionskonzepten) ist somit auch die Prozessqualität (regelmässige Schulung und Sensibilisierung der Mitarbeitenden) erforderlich. Dies bedeutet, die Mitarbeitenden bereits in der Konzeptionierung der Schutzkonzepte partizipativ zu beteiligen. Deshalb wird im laufenden Schuljahr 2017/18 in einem Prozess, in dem alle Mitarbeitenden (Lehrpersonen, Erziehende im Internat, Hausdienst) eingebunden sind, ein Verhaltenskodex mit Standards zu heiklen Situation im Schul- und Internatsbetrieb formuliert und das Beschwerde- und Krisenmanagement angepasst.
Am 11. August 2017 fand dazu ein erster Weiterbildungstag statt. Die Schulung unter der kompetenten Leitung von Frau Eveline Jordi, Fachmitarbeiterin bei Limita, vermittelte Grundlagenwissen und sensibilisierte zur Dynamik zwischen Opfern, Täterinnen / Tätern und Institution bei sexueller Ausbeutung. In jeder Einrichtung und auf jeder Stufe gibt es eine Vielzahl von Situationen, welche für sexuelle Übergriffe ausgenutzt werden können. Das Benennen dieser «Risikosituationen» und das Festlegen von Standards im Umgang damit sind deshalb wichtige Schritte zum Schutz aller - zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Grenzverletzungen und zum Schutz der Mitarbeitenden vor Missverständnissen und Interpretationen. Am Vormittag der Schulung wurden konkrete Situationsbeispiele gemeinsam reflektiert und den professionellen Umgang damit diskutiert. Am Nachmittag wurden heikle Situationen im Arbeitsalltag der Stiftsschule Engelberg eruiert, diskutiert und erste fachliche Standards daraus abgeleitet.
Eine Gruppe aus Mitgliedern von Trägerschaft, Schul- und Internatsleitung, Lehrerschaft, Internat und Hausdienst wird nun das Zusammengetragene sichten und daraus Standards formulieren. Diese werden dann in einem Vernehmlassungsprozess wieder diskutiert, angepasst und schliesslich fixiert.
P. Andri Tuor
Internatsleiter
[i] (Elmer, Corina, Maurer, Katrin. Achtsam im Umgang - konsequent im Handeln. Institutionelle Prävention sexueller Ausbeutung. Zürich 2011)